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Wenn Applaus von Identitären und Ultranationalisten kommt, sollte klar sein: Deutschland ist gefährlich weit rechts abgebogen. Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán gratulierte auf der Plattform X der deutschen Regierung zu ihrem Kurswechsel: „@Bundeskanzler Scholz, welcome to the club! #StopMigration“. Und der Rechtsextreme Martin Sellner begrüßte auf Facebook das „Einlenken der Eliten in Richtung law&order“.

Grenzkontrollen, „irreguläre“ Einwanderung auf null bringen und alle abschieben, die keine Aufenthaltserlaubnis haben: Das sind nach dem Solingen-Attentat keine Forderungen mehr, die AfD-Politiker und andere Rechtspopulisten stellen. Es sind Ziele, die die Ampelregierung dieser Tage anstrebt. Innenministerin Nancy Faeser (SPD) hat die EU-Kommission informiert, ab 16. September würden alle deutschen Landesgrenzen kontrolliert. Gerade diskutiert der Bundestag wieder ein „Sicherheitspaket“, das in Wahrheit nur um Abschiebungen kreist.

[…]

Das Problem ist nur: An Wohnungen, Kitaplätzen und Gewaltprävention wird es auch bei geschlossenen Grenzen weiter mangeln. Solange die Schuldenbremse nicht für Investitionen in Bildung und Infrastruktur gelockert wird, verfallen Schulhäuser, Brücken und Bahnschienen weiter. Damit erreicht die Regierung genau, was sie verhindern will: Laut einer Studie zu Austeritätspolitik, basierend auf Daten von 1980 bis 2015 aus acht Ländern, korrelieren Kürzungen öffentlicher Ausgaben mit wachsender Zustimmung zu extremen Parteien.

[…]

Es hat sich etwas grundlegend verschoben, in der Art, wie über Migration gesprochen wird. Der Diskurs ist weit entfernt von den Fakten. Eine Auswertung des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung widerspricht etwa dem rechten Mythos des „Sozialtourismus“: Von denen, die 2015 als Geflüchtete herkamen, waren 2022 64 Prozent erwerbstätig. Auch der von Populisten geweckte Eindruck, es kämen seit der Merkel-Ära konstant mehr „Wirtschaftsmigranten“, ist nicht von Zahlen gedeckt: So sank die Zuwanderung nach 2015 fast um die Hälfte (auf 2,1 Millionen 2020), um erst mit Russlands Angriff auf die Ukraine wieder stark anzusteigen.

  • TJA!
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    2 months ago

    Als Kontext der Teil der verlinkten Studie:

    Die Erwerbstätigenquote der 2015 zugezogenen Kohorte war 2022 mit 64 Prozent fast identisch mit der des Stichprobendurchschnitts sieben Jahre nach dem Zuzug. 90 Prozent aller beschäftigten Geflüchteten gingen 2022 einer sozialversiche- rungspflichtigen Beschäftigung nach, bei der 2015 zugezogenen Kohorte waren es ebenfalls etwa 90 Prozent. Bei allen Kohorten kann beobachtet werden, dass die Erwerbstätigenquoten während der Covid-19-Pandemie im Jahr 2020 stagniert ha- ben (Brücker et al. 2021), aber bereits ab 2021 wie- der deutlich angestiegen sind.

    Und dann im Vergleich zur Bevölkerung:

    Zum Vergleich: 2022 belief sich die durchschnitt- liche Erwerbstätigenquote der Bevölkerung mit eigener Migrationserfahrung, das heißt der selbst zugezogenen Migrantinnen und Migranten, in Deutschland auf 70 Prozent und im Bevölkerungs- durchschnitt auf 77 Prozent (Destatis 2023). So- mit ist die Erwerbstätigenquote der Geflüchteten acht Jahre nach dem Zuzug fast genauso hoch wie die durchschnittliche Quote der Migrations- bevölkerung. Sie hat sich zudem, bei einer noch verbleibenden Differenz von 9 Prozentpunkten, bereits stark an den Bevölkerungsdurchschnitt angenähert. Bei dem Vergleich ist allerdings zu berücksichtigen, dass sich die Altersstruktur der Geflüchteten vom Bevölkerungsdurchschnitt un- terscheidet. Würde man für den Bevölkerungs- durchschnitt die gleiche Altersverteilung wie für die Geflüchteten unterstellen, fiele die Differenz in den Erwerbstätigenquoten rund 2 Prozentpunkte geringer aus.