Vermutlich kein Ministerpräsident bemühte sich so sehr um den Dialog mit dem Kreml wie Michael Kretschmer. Kritisch sei er dabei gewesen, versicherte der Sachse. t-online liegen seine Schreiben an Wladimir Putin vor.

Auf einem Rokoko-Sofa sitzend, in der Hand ein altmodischer, vergilbter Telefonhörer: Das ist das Bild von Michael Kretschmers Moskau-Reise 2021, das in Erinnerung geblieben ist. Der sächsische Ministerpräsident am einen Ende der Leitung, am anderen der mächtigste Mann Russlands: Staatschef Wladimir Putin.

Es gibt kaum einen Amtsträger der deutschen Bundesländer, der sich vor dem Krieg so sehr um einen Dialog mit dem Kreml bemühte wie Kretschmer. Seit 2018 drang die Staatskanzlei in seinem Auftrag auf Termine mit Putin. Er forderte das Ende der Sanktionen. Bis heute plädiert er für rasche Gespräche mit Putin über einen Frieden in der Ukraine.

Gegen Kritik, er lasse sich vom Kreml instrumentalisieren, verwahrte er sich dabei stets: Er habe den Konflikt in der Ukraine angesprochen und die Situation des inhaftierten Oppositionellen Alexej Nawalny. Putin habe ihm im Telefonat versichert, dessen medizinische Versorgung werde gewährleistet. Die Botschaft: Hier sprach ein Staatsmann mit Putin, der dem Kremlherrscher nicht nur Honig um den Mund schmiert.

Die zwei Briefe, die Kretschmer nach seinen Gesprächen an Putin schickte, zeichnen allerdings ein anderes Bild. Beide liegen t-online vor. In ihnen ist nichts zu lesen von der Kritik, die Kretschmer vorgebracht haben will. Von einer “großen” und “besonderen” Ehre schreibt Kretschmer jeweils wenige Wochen nach den Treffen 2019 und 2021.

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Auch wenn Putin Kretschmers Einladung, das Land zu besuchen, in dem er einst als KGB-Agent tätig war, nicht folgte, und stattdessen einen Angriffskrieg gegen die Ukraine begann: Der sächsische Ministerpräsident hält bis heute an seiner Position fest, den Dialog aufrechterhalten zu wollen.

Im “Stern” forderte er nun, Putin auf diplomatischem Wege zu einem Waffenstillstand zu bewegen – um die darauffolgende Zeit für die militärische Aufrüstung nutzen zu können. Es nicht zu versuchen, halte er für “ein riesiges Versäumnis”. Kurz zuvor hatte er dafür plädiert, die Nord-Stream-Pipeline zu reparieren, damit Deutschland wieder Gas aus Russland importieren könne.