Seit Jahren bin ich auf der Suche nach einem Psychotherapeuten: Ich sammle Adressen, rufe an und schreibe, die meisten melden sich nicht, ich habe ein Leben, ich muss arbeiten, das Thema wird vergessen.
Irgendwie habe ich es bis jetzt geschafft, aber mein Leben wäre besser, wenn ich einen Profi hätte, mit dem ich über meine geistige und emotionale Probleme reden könnte.
Wie kann ich das beschleunigen?
Ich will mir gar nicht ausmalen wie lange die Wartezeit wirklich wäre, wenn jeder der einen Therapeuten bräuchte, auch einen bekommen würde.
Ich hab seit Jahren keine Energie mich darum zu kümmern und schaffe es immer nur gerade so durch die Woche. Dann noch herumtelefonieren oder E-Mails schreiben ist nicht möglich. Wenn ich die Energie dafür hätte, bräuchte ich wiederum keinen Therapeuten.
Spätestens nach einer Woche Suche geht es mir danach schlimmer als vorher, ich hab’s probiert, deswegen probiere ich es jetzt nicht mehr. Allein die Angst vor der Zurückweisung schmerzt.
Vielleicht bin ich irgendwann einfach wieder kurz vorm Aufgaben und dann kommt die Motivation von ganz alleine, quasi als Überlebensröcheln. Wenn man gedanklich wieder stündlich von der Brücke springt, klingen verzweifelte Anrufe durch endlose Listen und Zurückweisung dann doch wieder wie eine Verbesserung der Situation…
Du willst das verbessern? Sei reich und privatversichert, dann hast du übermorgen einen Therapieplatz.
Es liegt an einer Mischung aus wenigen Kassensitzen sowie hohen Aufnahmehürden.
Ich helfe grade einem Freund mit dem ganzen Prozess - hier ist meine bestmögliche Strategie.
Vielen Dank für deinen Post. Dank deiner Informationen habe ich am 02.02. einen Termin bei einem Psychotherapeuten gebucht. Seine Praxis ist 45 km entfernt und ich muss eine Stunde fahren. Sind solche Situationen üblich oder soll ich mich glücklich schätzen, weil ich innerhalb einer Woche einen Termin gefunden habe, in einer Praxis, die “nur” 45 km von mir entfernt ist?
Und ja, das ist nur der erste Schritt… Eine zweite Sitzung ist nicht gewährleistet.
Warum es so schwierig ist: Meines Wissens nach, aber ich hab das im Psychologiestudium gelernt, sollte also vermutlich halbwegs akkurat sein, weil bei der Professionalisierung in Form des Psychotherapeutengesetzes von 1999 die Krankenkassen den Bedarf an Kassensitzen (also der Zahl an zu verteilenden Erlaubnissen zur Abrechnung der Therapie über die Krankenkassen statt über Privatzahlung o.ä.) berechnet wurde indem diese Berechnung gemacht wird:
x : Bedarf; Wie viele Kassensitze für Psychotherapeutinnen brauchen wir? y : Anzahl der bereits praktizierenden Psychotherapeutinnen
x = y
Damit ist eine Unterversorgung gesichert. Der Flaschenhals ist hierbei auch nicht, wie viele Leute (also PTs) wir rumlaufen haben, sondern eben wer wie bezahlt wird.
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Weil es nicht genügend Kassensitze gibt. Mit dem u.g. Lösungsansatz habe ich keine Erfahrung.
Ich erinnere mich dunkel daran, dass man nachdem man seine gkv nach Therapeuten mit freien Kapazitäten gefragt hat und die gkv nicht helfen konnte, selbst bei Therapeuten ohne Kassensitz auf die Suche gehen kann.
Der Artikel den ich dazu gefunden habe, beschreibt es so:
https://www.therapie.de/psyche/info/fragen/wichtigste-fragen/psychotherapie-kostenerstattung/
Falls Sie trotz angemessener Suchaktivitäten bei einem niedergelassenen Psychotherapeuten nur nach einer unzumutbar langen Wartezeit einen Therapieplatz finden, ist Ihre GKV nicht in der Lage, diesen gesetzlichen Auftrag zu erfüllen. In diesen Fällen haben Sie das Recht, sich die notwendige Leistung selbst zu beschaffen. Die Kosten, die Ihnen durch diese selbst beschafften Leistungen entstehen, muss die GKV erstatten. Dieser Anspruch ist in § 13 Absatz 3 SGB V gesetzlich geregelt und gilt gegenüber allen GKVen.
Ich weiß nicht, was du mit “die meisten melden sich nicht, ich habe ein Leben, ich muss arbeiten” meinst. Ggf. kann es helfen, sich ein oder zwei Wochen einzurichten, in denen man bei den Leuten anruft und wo die eigene (Rück-)Erreichbarkeit höchste Priorität hat (weil die meisten Therapeut:innen ihre Büroarbeit sleber machen und entsprechend nicht immer zurückrufen können und ggf. eher Leute zurückrufen, die klarmachen, dass das Thema für sie gerade auch höchste Prio hat). Bei vielen Therapeut:innen anzurufen, kann natürlich viel Energie kosten, deswegen muss man gucken, was da realistisch ist.
Weiter kann es helfen, sich auch nach Gruppentherapien zu suchen - da werden naturgemäß mehr Plätze frei.
Es gibt die Möglichkeit zur Kostenerstattung, d.h. du machst die Therapie bei einer Person ohne Zulassung der gesetzlichen Krankenkassen, kriegst die Kosten aber trotzdem erstattet, weil du eben niemanden mit Kassenzulassung gefunden hast. Hängt wahrscheinlich viel von der Krankenkasse ab, wie sehr man darum kämpfen muss.
Vor der Kostenerstattung muss man afaik auch zu einer Sprechstunde gegangen sein, dass kann aber eh ganz nützlich sein, um Hilfe bei der Therapiesuche zu bekommen.
Je nachdem, wo du wohnst gibt es weitere Hilfsangebote, in Bremen z.B. die Beratungsstellen des sozialpsychiatrischen Dienstes.
warum ist es so schwierig in Deutschland, einen Psychotherapeut/in zu finden?
Eine Psychotherapiestunde sind 60 min Arbeit. Üblich sind wöchentliche Sitzungen. Eine Therapie dauert je nach Problem 12–100 Sitzungen oder mehr. Ein paar Stunden pro Woche gehen für Telefonsprechstunden, Antragstellungen, Supervisionen, Fortbildungen und Bürokratie drauf. Durchschnittlich behandelt jeder Psychotherapeut pro Quartal 49 Patienten. Nachdem die meisten Behandlungen länger als ein Quartal dauern, werden das < 100 Patienten im Jahr sein. Bei ca 37 000 Psychotherapeuten in Deutschland können pro Jahr maximal 3,7 Millionen Patienten psychothetapeutisch behandelt werden – eher weniger. Die Prävalenz psychischer Erkrankungen liegt in Deutschland bei 25–30 %, d.h. zwischen 21 – 24 Millionen Menschen könnten jedes Jahr von einer Psychotherapie profitieren.
Beantwortet das diese Frage?
Wie kann ich das beschleunigen?
Psychotherapeuten melden sich i.d.R. nicht. Dafür haben sie gar keine Zeit.
Auf der Liste der Psychotherapeuten die Telefonsprechstunden notieren, und jede Woche abtelefonieren.
Um es mal salopp zu sagen – wer das wegen anderer Aufgaben wie Arbeit nicht kann, kann eh keine Psychotherapie machen. Psychotherapeuten arbeiten meist auch 08:00–17:00, und gerade am Anfang wird man Termine (wöchentlich) mitten am Tag bekommen. Für eine Psychotherapie muss man inklusive Fahrzeiten und Vor- und Nacharbeit mindestens ⅓ Arbeitstag pro Woche einplanen.
Wenn du schon doppelt in verschiedenen communities postest dann verlinke diese doch wenigstens.
Man ruft die 116117 an. Jeder Psychotherapeut muss an einigen Tagen diese Patienten annehmen. Nach dem Termin wird eine Behandlung bei irgendeinem Therapeuten eingeleitet, abhängig vom Krankheitsbild.
Tja, das Problem ist aber auch, dass zwar ein Erstgespräch angeboten werden muss, viele aber keinerlei Kapazitäten haben, auch eine Therapie anzubieten.
Jeder Psychotherapeut muss pro Woche einige Erstgespräche anbieten. Die Behandlung danach muss er nicht übernehmen sondern kann einfach sagen er sei aktuell ausgebucht. Einen Therapieplatz bekommt man dadurch noch lange nicht.
Dank Josef “trink doch einfach ein Bier” hecken.
Sonst hätte ich vor jahren eine Therapie gemacht.
❗ Dies ist ein Crosspost. https://feddit.de/post/8263430