Tausende Rechtsextreme und ihre Gegner drohen an diesem Sonnabend, die Dresdner Innenstadt lahmzulegen. Die Polizei bereitet einen Großeinsatz vor.
Nachdem der 13. Februar durch die Absage der als gesichert rechtsextrem eingestuften AfD weitestgehend friedlich verlaufen ist, warnt der Verfassungsschutz vor einem großen Aufmarsch von Rechtsextremisten am heutigen Sonnabend.
Die Polizei bereitet einen Großeinsatz vor. Der Gegenprotest formiert sich und will die Neonazis blockieren. Dresden gittert sich ein.
Zwei Tage nach dem 13. Februar rechnen Verfassungsschutz und Polizei mit einem großen Zulauf beim „Gedenkmarsch“, angemeldet vom bekannten Rechtsextremisten Lutz Giesen.
Mehrere tausend Personen aus dem Spektrum aus dem Ausland und ganz Deutschland werden erwartet – Anhänger rechtsextremer Parteien, freie Kräfte und Jugend-Organisationen wie die „Elblandrevolte“.
Sachsens Verfassungsschutz-Präsident Dirk-Martin Christian bezeichnet es als einen „Pflichttermin für die rechtsextremistische Szene, um einen möglichst großen Teil der Szene hinter geschichtsrevisionistischen und NS-Verbrechen relativierenden Narrativen zu versammeln“.
Demgegenüber mobilisiert ein breites Bündnis aus Organisationen und Parteien inklusive derer Jugendverbände unter dem Titel „Dresden WiEdersetzen“ zum Gegenprotest.
Auch hier warnt der Verfassungsschutz, dass linksextreme Kräfte aufrufen, sich diesem anzuschließen.
Giesen ruft die rechte Szene ab 12 Uhr zum Bahnhof Mitte. Dort sind wieder Reden und Musik geplant. Ab 14 Uhr soll der Neonazi-Aufzug in Richtung Innenstadt beginnen.
Die Gegner mobilisieren aktuell an zwei Treffpunkten. Ab neun Uhr beginnt das Treffen für die Zubringer-Demonstration am Hauptbahnhof.
Dorthin kommt auch die Antifa von „Leipzig nimmt Platz“. Der zweite Zubringer trifft sich um 10 Uhr am Goldenen Reiter an der Hauptstraße. Beide laufen dann den Neonazis entgegen.
Ziel sei es, dass diese nicht in die Innenstadt gelangen. Der „Gedenkmarsch“ soll blockiert werden.
Der Verein CSD Dresden ruft ebenfalls zur Demonstration an dem Tag auf. Anlass ist die Bundestagswahl am 23. Februar. Los geht es ab 11.55 Uhr vor dem Kulturpalast.
Das Motto lautet „Wähl Liebe!“, um auf die Rechte von Minderheiten hinzuweisen – gut möglich, dass die Organisatoren bewusst wollen, dass die Neonazis an ihnen vorbeimüssen.
Zudem findet der „Aktionstag: Zusammen für Frieden – jetzt!“ der „Aktion Leuchtturm ARD“ statt, deren Gründer eng mit „Querdenken“ in Verbindung steht und als Verschwörungstheoretiker gilt.
Diese treffen sich unter dem Titel „Den Toten zur Ehr - 80 Jahre Feuersturm über Dresden“ um 13 Uhr am Hauptbahnhof. Die Versammlung wird vom Verfassungsschutz als aus dem extremistischen Phänomenbereich „verfassungsschutzrelevante Delegitimierung des Staates“ eingestuft. Es ist damit zu rechnen, dass sie sich den Neonazis anschließen will.
Die Stadt teilt mit, dass im Bereich Innere Altstadt, Wilsdruffer Vorstadt/Seevorstadt-West und Friedrichstadt Versammlungen stattfinden, die Auswirkungen auf den Verkehr haben können.
Insbesondere am Nachmittag sei mit zeitweiligen Beeinträchtigungen des Verkehrs über die Marienbrücke zu rechnen. Sie empfiehlt, den Bereich ab Mittag bis voraussichtlich 17 Uhr möglichst zu meiden.
Es sei auch möglich, dass die Busse und Bahnen zeitweise zum Stillstand kommen. Man solle sich auf Umleitungen einstellen und mehr Zeit einplanen.
Ziel der Rechtsextremen ist es, in großer Gruppe durch Dresden zu marschieren, möglichst in die Innenstadt. Ziel der Gegner ist es, dies zu verhindern, möglichst den Aufmarsch zum Stehen zu bringen, indem eine große Anzahl von Teilnehmenden den Weg blockiert.
Die Polizei muss das Recht auf Versammlungsfreiheit und das Recht auf Protest in Sicht- und Hörweite gewährleisten. Um Blockaden und tätliche Auseinandersetzungen zu vermeiden, werden sogenannte Hamburger Gitter aufgestellt.
Dafür hat die Polizei alle in Sachsen verfügbaren Polizeigitter nach Dresden gebracht. Diese werden entlang der Strecke des Aufmarschs aufgestellt.
Beide Seiten mobilisieren massiv. Darauf hat auch bereits Dresdens Polizeipräsident Lutz Rodig hingewiesen. Für die Neonazis hat der 80. Jahrestag eine große Bedeutung.
Zudem findet eine für Neonazis international bedeutende Veranstaltung in diesem Jahr nicht parallel statt: der „Tag der Ehre in Budapest“. Auch deshalb wird mit internationalem rechten Zustrom nach Dresden gerechnet.
Auf der anderen Seite wird auch über Dresden hinaus mobilisiert. Ziel sei es, mindestens 5000 Menschen zu erreichen, um eine Blockade zu ermöglichen.
Hinzu kommt: Am Donnerstag hat die AfD ihre Veranstaltung abgesagt, weil die Sicherheit der Teilnehmenden nicht gewährleistet werden konnte.
Den Altmarkt haben darauf die Gegner „übernommen“. Das könnte Ansporn für beide Seiten sein – unbedingt zu marschieren beziehungsweise zu blockieren.
Das traurige daran ist, dass wie jedes Jahr Nazis durch Dresden laufen und die Gegenproteste vor allem von Linken getragen werden müssen. Die sog. gesellschaftliche Mitte lässt sich nicht blicken.