• azolus@slrpnk.net
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    19 hours ago

    Ich bin auch gegen ein höheres Renteneintrittsalter, aber auch gegen die 120 Milliarden Euro, die aus dem Bundeshaushalt kommen, um die Rente zu stabilisieren.

    Schau dir mal an, wofür diese Zuschüsse gewährt werden. Die Zuschüsse sind nämlich keine Subvention für Rentner, die zu wenig eingezahlt haben, sondern ermöglichen Leistungen, die nicht Beitragsgedeckt sind wie:

    • Rente für Ostdeutsche, die noch nicht so lange eingezahlt haben (aber Ansprüche aus der DDR mitbringen)
    • Berücksichtigung von Berufsausbildung, Fachschulausbildung und Mutterschutz sowie Kindererziehungszeiten (= unbezahlte Arbeit, die für den Fortbestand unserer Gesellschaft und Wirtschaft unabdingbar sind)
    • Früherer Renteneintritt z.B. abschlagsfreier Renteneintritt für besonders langjährige Versicherte (z.B. Arbeiter, die nicht ewig studieren so wie ich, und stattdessen früh mit der Arbeit anfangen und auch früher kaputt sind)

    Ich sehe all diese Leistungen als absolut gerechtfertigt an. Das ist im Kern ein sozialer Ausgleich für unbezahlte Arbeit (Kindererziehung etc.) und (Weiter)Bildungsmaßnahmen.

    Die heutigen Rentner und die baldigen Rentner haben sich bewusst dazu entschieden zu weniger Kinder zu zeugen. Ich höre von der Bevölkerung immer “Weniger Verbote und Bevormundung und mehr Eigenverantwortung” und daher sollten die Rentner auch das negative aus der Eigenverantwortung mitnehmen.

    Das finde ich zu kurz gedacht. Hierfür ein wenig ökonomische Kaffeesatzleserei (bin kein Ökonom): Zunächst einmal kann man sich die Produktivitätssteigerung in diesem Land angucken.

    Geht ordentlich hoch. Leider habe ich auf die schnelle keine schöne Grafik gefunden, die länger geht als 2015, aber ich hoffe, das ist hier für das qualitative Argument ok. Vergleichen wir das mit dem Rentnerquotienten, dessen Plot ich hier entnommen habe:

    In der Abbildung ist der inverse Rentnerquotient geplottet, d.h. in etwa das Verhältnis Beitragszahler zu Rentner. Der hat sich von 2.7 im Jahr 1991 auf 2.2 im Jahr 2022 entwickelt.

    Wenn man ein bisschen mit den Zahlen spielt, sieht man schnell, dass die Produktivitätssteigerungen eigentlich die “Verrentnerung” der Gesellschaft überkompensieren (2.2 / 2.7 * 1.4 > 1). Insbesondere haben sich die Löhne tendenziell nicht ausreichend mit der Produktivität mitentwickelt. Dass unser Rentensystem so überlastet ist, lässt sich somit denke ich plausiblerweise auch als eine Frage der sozialen Gerechtigkeit und wirtschaftlichen Teilhabe sehen, anstelle nur das Framing des demografischen Wandels zu berücksichtigen. Aus dieser Perspektive sind nicht die Boomer/Gen-Xer Schuld, dass es zu wenige Kinder gibt, sondern eben unser Wirtschaftssystem, in dem reiche Unternehmer den Sozialstaat ausbluten lassen und schlechte Löhne zahlen (weniger Tarifbindung, miese Lohnentwicklung, Betriebsrente bye bye usw.) und die Gewinne aus den Produktivitätssteigerungen in private Taschen fließen. Wie gesagt, kein wissenschaftlich sauberes Argument, aber das ließe sich sicher vertiefen.

    Zu dem Punkt möchte ich noch abschließend anmerken, dass auch Kinderlose ein Recht auf ein würdevolles Leben im Alter haben. Ein reiches Land wie Deutschland muss das stämmen können, denn Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundeststaat.

    Eine Studie des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW) im Auftrag des Verbands der privaten Krankenversicherung e.V. zeigt jedoch […]

    Na, wenn das kein handfester Interessenskonflikt ist, wenn es ums Thema Pflege geht. Weiterhin steht auch im Artikel

    Laut dem Verband der Ersatzkassen beträgt die durchschnittliche monatliche Zahlung für einen Platz in einem Pflegeheim 2871 Euro. Die durchschnittliche Rente von 1500 Euro reicht bei weitem nicht aus, um den Eigenanteil zu decken – selbst mit staatlicher Unterstützung. Wenn das Vermögen, wie die IW-Studie zeigt, hauptsächlich in der eigenen Immobilie liegt, wird es schwierig sein, dies aufrechtzuerhalten, wenn das Vermögen stärker belastet werden soll. „Besonders viele meiner Klienten haben Angst davor, dass das Familienheim für die Pflege veräußert werden muss“, zitiert zeit.de den Anwalt Björn Jennert.

    Finde es etwas zynisch, da auch noch ans Eigenheim ranzugehen. Nur weil der Immobilienmarkt explodiert und die deshalb hoch bewertet sind, ist das noch lange kein dekadenter Überfluss. Das ist die eine Sache, die sich kleine Leute aufgebaut haben, um es später an ihre Kinder zu vererben. Und das Hauptproblem ist doch der miserable Stand der Pflege, die wir zu großen Teilen in Hände profitgeiler Geier gegeben haben.

    Viel interessanter als die Frage, ob ältere Menschen im Schnitt viel Vermögen haben (haben sie), ist mMn wie dieses Vermögen verteilt ist. Spoiler: sehr ungleich. Und eine stabile Rente ist ein ganz zentraler Faktor, der hier für sozialen Ausgleich (und auch gesellschaftliche Kohäsion) sorgt. Tendenziell wird es immer schlimmer und es landen mehr Menschen in Altersarmut als früher. Ein Viertel der Bevölkerung besitzt (neben Rentenansprüchen) gar kein Vermögen oder ist verschuldet. Das geht auf Dauer nicht gut aus.

    Die Probleme der Rentenversicherung lassen sich aber angehen. Hier ein paar zentrale Punkte:

    • Alle zahlen ein (auch Anwälte, Ärzte, Beamte…)
    • Keine Beitragsbemessungsgrenze
    • Mindestrente die vor Armut absichert
    • Höhere Löhne durch Mindestlohnerhöhung und Tarifbindung -> dann können die Leute mehr von der Produktivität abbekommen und mehr einzahlen
    • Besonders hohe Rentenzahlungen werden abgeflacht (diese Menschen sind so wohlhabend, dass sie auch zusätzlich privat Vorsorgen können oder tatsächlich Vermögen haben, das sie aufbrauchen können)
    • Wildcard: auch Kapitalerträge als Einkommen berechnen

    Mehr nachzulesen hier (shameless advertising)

    • FranckRaisch@ruhr.social
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      19 hours ago

      @azolus @NewDay ich bin fürs niederländische System. Renten sind zudem nicht das Problem aber Pensionen. Beamte hin oder her, nach 40 Arbeitsjahren hat ab 67 niemand mehr Zeit. Niemals. Mein Bruder und ich arbeiten jetzt beide gleich viel und wir bekommen auch den gleichen Lohn (so ungefähr). Aber als Rentner hat er mehr als doppelt so viel wie ich.

      • NewDay@feddit.orgOP
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        11 hours ago

        Das Pensionsystem wäre okay, aber leider werden hauptsächlich inkompetente Menschen verbeamtet, die unser Land lahmlegen und jeglichen Fortschritt verhindern. Bestes Beispiel ist die Digitalisierung oder Einbindung von Open Source Software, sowie Linux. Vieles kann man gar nicht verwirklichen, da die Mitarbeiter einfach auf dem digitalen Stand der Union sind.

        Ich finde, dass die Leute, die verbeamtet werden, aufgrund ihrer Kompetenz selektiv ausgewählt werden sollten. Denn die Pension bedeutet, dass man das Wort Altersarmut aus dem Wortschatz löschen kann, da man damit nicht konfrontiert werden kann. Gleichzeitig ist es ein Anreiz, um die Weiterbildung der Mitarbeiter stärker zu fördern.

        • FranckRaisch@ruhr.social
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          11 hours ago

          @NewDay verbeamtet wird jeder, der einen Beamtenjob antritt. Die Bewertungskriterien sind wie in der freien Wirtschaft auf den Einsatz zugeschnitten. Stimmt also nicht, dass nur Inkompetente Beamte werden. Aber ohne Pensionierte könnten wir allen Menschen in Deutschland ermöglichen, das Wort Altersarmut aus ihrem Wortschatz zu streichen.

          • NewDay@feddit.orgOP
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            11 hours ago

            Ich habe nicht gesagt, dass alle Menschen, die verbeamtet werden, inkompetent sind, sondern dass die Mehrheit es ist, da sie einfach den Staat zusätzlich lähmen. Dann kommt natürlich noch die schlimmere Lähmung durch die Politik dazu.

    • NewDay@feddit.orgOP
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      11 hours ago

      Die Produktivitätsentwicklung ist seit Jahren viel zu flach. Dadurch ist der Wert so gut wie obsolet, da gleichzeitig die Anzahl der Arbeitsstunden pro Erwerbstätigen gesunken.

      Wenn man sich den Altenquotienten anschaut, dann sieht man, dass die heutigen Erwerbstätigen mehr Rentner finanzieren müssen, als vor ein paar Jahrzehnten. Ist ja auch nicht verwunderlich, wenn man die Grenze von “Jeder vierte Deutsche ist ein Rentner” durchbrochen hat.

      Auf 100 Personen im Alter von 20 bis unter 65 Jahren entfielen 2022 in Deutschland etwa 37 Personen im Alter ab 65 Jahren. Dieser sogenannte Altenquotient zeigt, für wie viele potenzielle Renten­bezieherinnen und -bezieher Menschen im Erwerbs­alter im weitesten Sinne sorgen müssen …

      Im Jahr 1950 standen 16 Personen im Rentenalter 100 Personen im Erwerbsalter gegenüber. Der Altenquotient von 16 war somit weniger als halb so hoch als im Jahr 2022.

      https://www.destatis.de/DE/Themen/Querschnitt/Demografischer-Wandel/Aspekte/demografie-altenquotient.html

      Ich habe persönlich gar kein Problem, wenn man sein Vermögen veräußern muss, wenn man Kosten hat, die man nicht mit der Rente decken kann. Es ist schlichtweg nicht attraktiv für Erwerbstätige, wenn die immer höhere Sozialausgaben haben, obwohl die meisten Rentner sich selber finanzieren könnten. Das fördert natürlich auch die Abwanderung der Leute in ein anderes Land, da die Abgaben immer weiter steigen, aber der Reallohn in den meisten Jahren gar nicht so steigt, wie man es benötigt.

      Wenn die Rentner die Immobilien vererben wollen, dann sollten die Erben die überschüssigen Kosten zahlen, da die am Ende die Immobilie als Gegenleistung bekommen.

      Ich finde auch, dass die Leute, die dafür verantwortlich sind, dass die Generation keine 2,1 Kinder im Durchschnitt gezeugt haben, stärker in die Verantwortung gezogen werden. Sie hatten ihr ganzes Leben deutlich weniger Kosten und dementsprechend sollten diese Menschen weniger Rente bekommen und die Rentner mit genügend Kinder mehr. Also eine Umverteilung von zu wenige Kinder zu genügen Kinder. Mehr Eigenverantwortung bedeutet, dass die das Geld sparen oder anlegen können, sodass die nicht auf die Rente angewiesen sind. Das sieht bei einem Rentner mit +3 Kinder ganz anders aus.