Weltweit sind immer mehr Ernte-Roboter im Einsatz – besonders für hochpreisige Früchte – vor allem, um fehlende Arbeitskräfte zu ersetzen. So pflücken Roboter beispielsweise Erdbeeren, Tomaten, Äpfel, Paprika, oder Kiwi.

Grundsätzlich gibt es dabei zwei verschiedene Ansätze: Der Roboter schüttelt den Baum oder Strauch und sammelt die herunter fallenden Früchte dann ein, oder – vor allem bei empfindlichen Früchten – die Maschine fährt das zu erntende Objekt mit einem Greifer an, und pflückt es. Manche Früchte, wie Himbeeren, sind aber extrem empfindlich – und werden daher leicht von Roboter-Greifern zerstört. Training an künstlicher Himbeere

Kai Junge von der EPFL in Lausanne hat nun gemeinsam mit Kollegen einen Roboter darauf trainiert, dieses Problem zu lösen und zwar mit Hilfe eines “physikalischen Zwillings” in Form einer mit Sensoren ausgestatteten künstlichen Himbeere.

Die künstliche Himbeere besteht aus einer 3D-gedruckten Außenhaut, die mit flüssigem Silikon gefüllt wird. Die äußere Druckkraft beim Greifen der Frucht wird durch einen Fluidik-Sensor gemessen. Die Sensor-Himbeere ist mit einem Magneten an einer ebenfalls 3D-gedruckten, flexiblen, künstlichen Ranke befestigt. Der Abstand zwischen den beiden Hälften des Magneten definiert, wie groß die maximale Zugkraft ist, um die Sensor-Himbeere von der Ranke zu lösen.

Diese Sensor-Himbeere ließen Junge und Kollegen zunächst von Menschen pflücken, wobei sie die Parameter veränderten und die Kraftprofile aufzeichneten. Anschließend optimierten sie damit die Parameter für die Kontrolle des Greifers. Der Roboter-Greifer, der auf einem handelsüblichen Roboter-Arm sitzt, verfügt über eine Raspi-Kamera, die zunächst eine Himbeere ortet und anfährt. Dann schließen sich zwei weiche Silikon-Finger um die Beere, und der Roboter beginnt zu ziehen, bis die Frucht sich löst. Sobald das passiert, soll der Controller dafür sorgen, dass die seitliche Kraft auf die Beere so weit wie möglich gelockert wird – ohne die Frucht los zu lassen. Technische Einzelheiten erklären die Autoren in ihrem Paper. Roboter hatte Probleme, Himbeeren zu finden

Mit dem Training am physikalischen Zwilling wollen die Autoren vor allem teure und langwierige Feldtests überflüssig machen. Denn wenn solch ein System im Labor funktioniert, kann man es noch lange nicht in der Praxis einsetzen. Vielmehr müssen Hard- und Software erst noch an die komplexen Bedingungen im Einsatz angepasst werden. Das geht normalerweise aber nur dann, wenn es auch erntereife Früchte zum Trainieren gibt – dieser Zeitraum ist jedoch begrenzt.

Mit der Modell-Himbeere spielten die Forschenden daher eine ganze Reihe von Parametern – Steifigkeit, Kraft zum Ablösen etc. – durch, um den Controller möglichst universell einsetzbar zu machen. Dennoch zeigte sich im Praxistest, dass die Maschine zwar 80 Prozent der reifen Früchte korrekt erntete. Der Roboter hatte aber Probleme, durch Ranken, Blätter oder Früchte verdeckte Himbeeren zu finden, und konnte in manchen Fällen nicht genügend Kraft aufbringen.

Wie langwierig der Schritt vom Labor in die Praxis sein kann, sieht man bei einem ähnlichen Projekt: Das Start-up Fieldwork Robotics, das aus der Agrirobotik-Gruppe der University of Plymouth heraus gegründet wurde, hat seit dem vergangenen Jahr zwei Exemplare eines Himbeer-Ernteroboters im praktischen Einsatz.

Laut dem Guardian konnten die Roboter mit vier Armen zu diesem Zeitpunkt ein Kilo Obst pro Stunde pflücken, was im nächsten Schritt bis 2023 auf vier Kilogramm pro Stunde gesteigert werden sollte. Die erste Version der Roboter, die seit 2018 entwickelt werden, hat pro Beere etwa eine Minute gebraucht.

  • cassy_ca
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    1 year ago

    Die Raspi-Kamera musste einfach sein 🦾🍓😂