Es gibt für Sorgen und Ängste von Menschen viele Maßstäbe. Die Kauflaune ist so ein Maß. Gerade ist sie mies. Die Menschen geben weniger aus, obwohl die Reallöhne steigen, meldete das Ifo-Institut. „Verbraucherinnen und Verbraucher sind verunsichert, was das wirtschaftspolitische Umfeld angeht“, wird Ifo-Experte Patrick Höppner in der Mitteilung zitiert. Er macht wenig Hoffnung für das restliche Jahr. Wenn Menschen Angst vor der Zukunft haben, Angst ihren Job zu verlieren, halten sie ihr Geld zusammen, sie sparen, sie geben weniger aus – zum Beispiel für Möbel oder Klamotten.

Angst macht krank. Die Krankenstände bewegen sich 2024 auf einen neuen Rekord zu, meldet der AOK-Bundesverband Anfang Oktober. Der bisherige Spitzenwert von 225 Krankmeldungen auf 100 erwerbstätige AOK-Mitglieder aus dem Jahr 2023 sei bereits im Zeitraum von Januar bis August 2024 erreicht worden – und damit schon vor der zu erwartenden Erkältungswelle im Herbst und Winter. Ein Grund: höhere Fehlzeiten infolge psychischer Erkrankungen.

Die Krankschreibungen wegen Burn-out seien von je 100 Krankschreibungen je 100 Versicherte im Jahr 2014 bis Ende August 2024 auf knapp 184 Tage gestiegen. Als Ursache vermutet die Krankenkasse ein Zusammenwirken verschiedener Faktoren „von der Zunahme psychischer Belastungen durch globale Krisen bis zu Veränderungen in der Arbeitswelt wie Verdichtung und Entgrenzung der Arbeit durch ständige Erreichbarkeit“.

Aber nichts drückt Hoffnungslosigkeit und die Zweifel an der Zukunft stärker aus als der Verzicht auf Kinder – zumindest jetzt. Deutschland erlebe derzeit einen massiven Geburtenrückgang, vor allem in Ostdeutschland würden weitaus weniger Kinder geboren als früher, meldet das Ifo-Institut Dresden. „Ganz offenbar haben die Corona-Krise, der Ausbruch des Krieges in der Ukraine und die nachfolgenden Realeinkommenseinbußen aufgrund hoher Inflation viele junge Familien dazu bewogen, mögliche Kinderwünsche erst einmal aufzuschieben“, so Ifo-Experte Joachim Ragnitz. In den vergangenen drei Jahren habe sich das Gebärverhalten massiv verändert. Die Geburtenrate liege nur noch bei 1,35 Kindern je Frau, 2021 lag sie noch bei 1,58 Kinder je Frau. Wurden im Jahr 2021 noch 795 500 Kinder geboren, waren es 2023 nur noch 693 000.

Ein Anstieg der ökonomischen und politischen Unsicherheit in Deutschland führte mit einer Verzögerung von circa 14 Monaten zu einem signifikanten Rückgang der Geburten, ohne dass später ein Aufholeffekt sichtbar wurde, schreibt Matteo Neufing in einer Ifo-Publikation. Er hat die Geburtenzahl mit dem Economic Policy Uncertainty Index verglichen. Der Index misst die Unsicherheit anhand bestimmter Schlagwörter, deren Häufigkeit in den für das jeweilige Land relevanten Zeitungen erfasst wird. Der Index steigt, wenn bestimmt Wörter häufiger vorkommen, zum Beispiel Krise.

In Deutschland legt der Index während der Corona-Pandemie zu und dann noch mal stärker von 2021 auf 2022. Neufing vermutet die russische Invasion in der Ukraine im Frühjahr 2022 als Grund. Index und Geburtenrate sind negativ korreliert: Steigt der Index, sinkt die Geburtenrate. Die Schlagzeilen der vergangenen Wochen machen wenig Hoffnung: Das Wort Krise kommt sehr häufig vor.