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Meine Erfahrung aus einem pfälzer Kuhdorf: Der Bürgermeister ist immer auch Chef der Schützengilde und im Vorstand der freiwilligen Feuerwehr und wenn bei beidem keine Frauen mitmachen dürfen, dann kann ja wohl der nächste Bürgermeister keine Bürgermeisterin sein, gell?
Nach Jahren in denen erst die freiwillige Feuerwehr Mädels aufnehmen musste weil sich einfach nicht genug Jungs gemeldet hatten und nach Jahren in denen der Schützenverein sich, am Ende fruchtlos, gegen weibliche Mitglieder gestemmt hatte, siehe da die neue Bürgermeisterin ist im Amt. Eine Schelmin wer Böses denkt. Fakt: Jahrelang wurde alles politische bei den Zusammenkünften und zwischen den Schützenbrüdern bei einem Bier geklärt. Frauen hatten nicht nur keinen Zugang zur Gilde sondern waren von der politischen Meinungsbildung ausgeschlossen (von geschäftlichen Vereinbarungen und Seilschaften jedweder Art natürlich auch), ihre Meinung wurde einfach nie gehört.
Bis in die Anfänge der 2000er war dort im Dorf die Frau des Bürgermeisters auch noch “Frau Bürgermeister” und die Frau des örtlichen Allgemeinarztes “Frau Doktor” und erst als die Frau des Rektors der Grundschule den Titel “Frau Rektor” vehement abgelehnt hat und als Beleidigung empfand (die Frau war Architektin mit eigenem Architekturbüro) nahm das langsam ab und ist jetzt zum Glück auch Geschichte.
Gerade in kleinen Gemeinden sind diese Vereine Machtbasen mit oft stärkerem Einfluss als politische Parteien oder eng mit solchen verbandelt, sowie Wirtschaftsbörsen. Frau sollte da Mitgliedin werden ob sie Schiessen mag oder nicht, niemand wird gezwungen beim Meisterschießen mitzumachen, zumal das Gewinnen auch sehr teuer ist.
Richtig spannend wird so was ganz schnell, wenn du eine Transfrau im Verein hast, die im Männermodus eingetreten ist… Leute offen wegen Transgeschlechtlichkeit raus zu werfen dürfte rechtlich nämlich nochmal eine ganz andere Liga sein, als Frauen nicht aufzunehmen. 😈
Sexistische Regeln sind oft extrem inkonsistent, sobald Transmenschen auf die Bühne treten und vermeintlich unmögliche Widersprüche auslösen. In Japan gab es da einen Fall mit einer US-Amerikanischen Translesbe die mit einer Japanerin verheiratet war und dann eine Situation verursacht hat in der der Japanische Staat komplett daran verzweifelt ist, dass Gesetze auf einmal aktiv im direkten Widerspruch miteinander waren. 😀
Ich find die Anmaßung immer so wild. Das ist ein privater Verein. Die können tun und lassen was sie wollen.
Wenn sie sich nicht verändern wollen dann macht man halt seinen eigenen Verein auf, hat bei den Studentenverbindungen auch funktioniert. Dort gibts Vereine für alle Geschmacksrichtungen: Männer, Frauen, Gemischt, Schlagend, Nicht-schlagend, Farbtragend, Nicht-farbtragend, usw usf.
Das man da jetzt mit Muss und Zwang irgendeinen Verein aufbricht ist halt die pure Anmaßung und erinnert mich irgendwie and die Cultural Appropriation Debatte.Find ich völlig fair. Fair ist auch, diesen öffentlich wirkenden Vereinen dafür öffentlich, eskalierend (erst ohne Presse, dann lokale Presse, nun taz) Kritik an den Kopf zu werfen.
Das zu kritisierende Verhalten darf auch genau als das benannt werden, was es ist: frauenverachtend. Der soziale Druck auf Frauen nach Teilnahme scheint zudem Vorhanden zu sein - sonst würde das hier nicht wiederholt zum Thema.
… Wildeshausen ist jetzt nicht der Hort der bürgerlich-demokratischen Werte.
Bezeichnend auch, dass sich kein Interviewpartner (außer dem Politiker) traut, sind Meinung öffentlich zu machen
Das ist ein privater Verein. Die können tun und lassen was sie wollen.
Und wir Privatleute dürfen das so richtig scheiße finden, inklusive Anmaßungen und Gegenaktionen.
Dreckstraditionen verdienen keinen Respekt.
Und im Gegenzug hat der Verein natürlich das Recht all diejenigen die das scheiße finden für Banausen zu halten und sich einen Dreck um deren städtisch geprägte Meinung zu scheren.
Tut er doch eh. Das ist kein Argument für irgendwas.
Ich find die Anmaßung immer so wild. Das ist ein privater Verein. Die können tun und lassen was sie wollen.
Stimmt. Und leute können das handeln trotzdem kritisiren.
Unterschriften gesammelt haben sie auch noch mal vor Ort. Eine der Seiten mit Unterschriften und Klemmbrett wurde ihnen entrissen, von zwei jungen Schützen. „Wir haben Anzeige gestellt“, so Boldt. Und im Dunkeln lief ein Mann in Offiziersuniform an ihnen vorbei, ein Würdenträger der Gilde also. „Für die Aktion kriegt ihr richtig auf den Sack“, soll er gesagt haben. „Wir sehen das schon als Drohung“, so Boldt. (Aus dem artikel)
Ich glaub die antidemokratische cancelculture kommt eher aus der anderen richtung
Der Punkt ist halt, dass die Person die das halt alles gestartet hat, kann sich jetzt halt faktisch aus dem Dorf verabschieden kann. Ich finds auch ziemlich Mutig so eskalierenden(mit Presse) daran zu gehen. Ganz gleich was da jetzt passiert. Das Dorf(zumindest der Teil aus dem Schützenverein, welcher oft zentral für das Kulturelle Leven eines Dorfes ist) hasst sie jetzt. Ich ziehe meinen virtuellen nicht vorhandenen Hut.
Die Chancen stehen gut dass der Teil des Dorfs im Schützenverein sie auch vorher gehasst hat oder wenn nicht dann nur deshalb nicht weil sie es mögen wenn andere ihnen gehorchen.
Was nichts an der Kritikwürdigkeit der konservativen Studentenverbindungen ändert.
„Die Gilde ist die Stadt. Und die Stadt ist die Gilde“ (Statuten der Schützengilde)
Der Bürgermeister von Wildeshausen, so sehen es die Statuten vor, ist immer auch General der Gilde und damit der erste Repräsentant des Vereins.
Und wie ein Poster weiter oben schon erläutert hat: in derartigen Vereinen wird die Stadtpolitik gemacht. Hier wird auch ausgemauschelt wer der nächste Bürgermeister sein soll…
Das ist übrigens auch in den Burschenschaften nicht weniger unproblematisch, wo die “Eliten” des Landes sich ihren Nachwuchs heranziehen.
Ein Grund für die krasse Ungleichheit der Vermögen in Deutschland ist definitiv die “Vetternwirtschaft” in solchen Vereinen.
Das ist so nicht ganz richtig: Vereine dürfen natürlich grundsätzlich selbst festlegen, wen sie aufnehmen und du hast kein Recht, dass ein bestimmter Verein dich mitmachen lässt.
Aber: Es gibt diverse Urteile nach denen Vereine, die solche Statuten haben, nicht mehr als gemeinnützig gelten dürfen. Und es gibt auch das recht bekannte und hier sicherlich vergleichbare Urteil aus Memmingen zum Stadtbachfischen, wo sich eine Frau gerichtlich die Teilnahme an dieser Traditionsveranstaltung erstritten hat.