Die Flüge der Bundesregierung zu Spielen der deutschen Nationalmannschaft bei der Fußball-Europameisterschaft haben nach Angaben des Verteidigungsministeriums 531.000 Euro gekostet. Dabei geht es um sechs Einsätze der Flugbereitschaft der Bundeswehr, die Bundeskanzler Olaf Scholz und mehrere Mitglieder seines Kabinetts zu Spielbesuchen flog. Der teuerste Flug kostete 114.487,41 Euro von Berlin nach Stuttgart und zurück zum Spiel Deutschland-Ungarn am 19. Juni.

Die Zahlen und Daten gehen aus einer Antwort des Verteidigungsministeriums auf eine Frage des Linken-Bundestagsabgeordneten Sören Pellmann hervor. Darüber berichtete die «Welt». Die Antwort liegt der Deutschen Presse-Agentur vor. Pellmann übte scharfe Kritik an den hohen Kosten. Stopps in Frankfurt, München und Berlin

Vier der sechs aufgeführten Flugverbindungen wurden vom Bundeskanzleramt geordert, andere Kabinettsmitglieder wie Bundesinnenministerin Nancy Faeser oder Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach flogen mit. Wie der Stuttgart-Flug kosteten diese Einsätze jeweils um die hunderttausend Euro.

Ein vom Innenministerium veranlasster Flug zum Spiel Deutschland-Schottland mit Stopps in Frankfurt am Main, München und Berlin schlug mit 55.306,97 Euro zu Buche; ein Flug von Außenministerin Annalena Baerbock von Frankfurt nach Luxemburg nach dem Spiel Schweiz-Deutschland mit 47.039,98 Euro – alles nach Angaben aus der Antwort des Ministeriums. «Verantwortungslos oder abgehoben»

«Wer für sechs angebliche Dienstreisen Kosten von über einer halben Million Euro verursacht, ist entweder völlig verantwortungslos oder endgültig abgehoben», sagte Pellmann, Vorsitzender der Linke-Gruppe im Bundestag, der «Welt». Die Flugbereitschaft dürfe «nicht die alternative Reisemöglichkeit für ein abendliches Unterhaltungsprogramm der Bundesregierung sein», fügte er hinzu. «Vermutlich aber ist die Flugbereitschaft aufgrund der kaputtgesparten Bahn für die Ministerinnen und Minister und den Kanzler das angenehmere Reisemittel.»

Das Verteidigungsministerium weist in seiner Antwort darauf hin, dass es sich um eine «Vollkostenkalkulation der jeweils eingesetzten Luftfahrzeuge (inklusive Personalkosten)» handele. Die Flugstunden seien im Jahresprogramm der Bundeswehr abgedeckt und «werden zum Zwecke des Lizenzerhalts-/erwerbs der Luftfahrzeugführer eingesetzt». Gemeint ist: Einige Kosten und Flugstunden wären wohl ohnehin nötig geworden. Kritik an «Ehrenkarte» für Kanzler-Gattin

Der Linken-Abgeordnete Christian Görke kritisierte zudem, dass Bundeskanzler Scholz sich von seiner Frau Britta Ernst zu Spielen habe begleiten lassen und dafür «Ehrenkarten» genutzt habe. «Während echte Fans tief in die Tasche greifen mussten, saß die Kanzler-Gattin mehrfach auf Premiumplätzen – und das kostenlos beziehungsweise auf Kosten der Allgemeinheit», monierte Görke. Er forderte Ernst auf, die Kosten auszugleichen.

In der Antwort der Regierung auf eine schriftliche Anfrage Görkes dazu heißt es indes: «Es ist seit Jahrzehnten tradierte Staatspraxis, dass sich die Spitzen der Verfassungsorgane der Bundesrepublik Deutschland bei Veranstaltungsbesuchen von Ihren Partnern oder Partnerinnen begleiten lassen können. Auf Grundlage dieser Staatspraxis hat Frau Ernst den Bundeskanzler zu den Spielen der Fußballeuropameisterschaft begleitet.» dpa/gf

https://www.upday.com/de/regierung-fliegt-fuer-eine-halbe-million-euro-zur-fussball-em

  • Sibbo@sopuli.xyz
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    4 months ago

    Was wäre denn die Alternative? Politiker müssen sich wählbar verhalten, und da ist in Deutschland der Besuch wichtiger Länderspiele eben Teil davon. Das heißt, dass machen sie sowieso.

    Die Frage ist dann, wie finanziert man das ganze? Wenn der Staat zahlt, dann kann es sich jeder Politiker ohne externe Hilfe leisten. Wenn die Politiker privat zahlen müssen, dann müssten sie sich das vermutlich von reichen Menschen finanzieren lassen.

    Und wenn Politiker für ihren Erfolg auf das Geld reicher Menschen angewiesen sind, dann hat das unter Umständen Einfluss auf ihre politischen Entscheidungen. Ob das gut oder schlecht wäre, muss jeder für sich selber wissen. Demokratisch wäre es aber nicht.

    • leisesprecher@feddit.org
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      4 months ago

      Ist es das?

      Dass Politiker im Publikum sitzen ist zumindest in meiner Wahrnehmung höchstens eine Randnotiz. Warum sollte das Wahlen beeinflussen?

      Ich verstehe deinen Punkt, aber ich fürchte, das ist eher so ein “haben wir schon immer so gemacht” Ding. Genau wie die Eröffnung von irgendwelchen Bahnhöfen. Hat realiter keine Auswirkung (auf die Bundespolitik), wird aber gemacht, weil macht man so.

      • trollercoaster
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        4 months ago

        Wenn die das für ihre eigene öffentliche Wahrnehmung (oder die ihrer Partei) machen, dann sollen sie das gefälligst aus ihrer eigenen Tasche (oder der ihrer Partei) finanzieren und das nicht auf Steuerzahlerkosten als Dienstreise machen.

        Die Selbstbedienungsmentalität bei Politikern aller Parteien und auf allen Ebenen kotzt mich einfach nur noch an.

    • Zacryon@feddit.orgOP
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      4 months ago

      Was wäre denn die Alternative?

      • Nicht teilnehmen. Wenn’s doch unbedingt sein muss, dann:
      • Per Zug anreisen
      • Per Auto anreisen
      • Lokale öffentliche Ausstrahlungen (Public Viewing) besuchen
      • Virtuell Präsent sein
      • Den Aufwand nicht komplett aus Steuergeldern finanzieren, sondern stattdessen z.B. aus eigener Tasche oder der Wahlkampfkasse, wenn es darum geht “sich wählbar verhalten” zu müssen.
      • Stattdessen das Tischtennisturnier der regionalen Schulen besuchen oder watauchimmer.

      Da gibt’s sicherlich noch mehr Möglichkeiten, wenn man seine Grübelmaschine mal anschmeißt.

      Politiker müssen sich wählbar verhalten, und da ist in Deutschland der Besuch wichtiger Länderspiele eben Teil davon. Das heißt, dass machen sie sowieso.

      Und weil es immer schon so gewesen ist, muss man es weiterhin machen?
      Was das “wählbar verhalten” betrifft: Ist man etwa plötzlich nicht mehr “wählbar”, weil man einem Fußballspiel nicht zuschaut? Uiuiui, dann muss ich aber noch mit einer Menge Politikern abrechnen, die bei diversen meiner Sportveranstaltungen nicht anwesend waren…
      Es geht doch nur um PR letztenendes und das sollte nicht dermaßen auf Staatskosten gehen.

      Wenn die Politiker privat zahlen müssen, dann müssten sie sich das vermutlich von reichen Menschen finanzieren lassen.

      Oder halt gar nicht finanzieren lassen. Das ist auch immer eine Option. Ansonsten: siehe ganz oben.

      Und wenn Politiker für ihren Erfolg auf das Geld reicher Menschen angewiesen sind, dann hat das unter Umständen Einfluss auf ihre politischen Entscheidungen. […] Demokratisch wäre es aber nicht.

      Also wenn Politiker so korrupt sind, dass sie wegen einiger weniger Fußballspiele vor reichen Menschen auf die Knie fallen, dann gute Nacht. Da gibt’s dann wohl echt keine Hoffnung mehr für Politiker.
      Abgesehen davon: Anti-Korruptionsgesetze verbessern und durchsetzen, öffentlich kritisch diskutieren etc pp. Wenn man sich Großspender diverser großen Parteien anschaut und die kriminelle Finanzierung über parteinahe Stiftungen und so weiter, da sind dann einige Fußballspiele wohl ein eher geringer Punkt auf einer langen langen Liste. Ist deswegen unsere Demokratie untergangen? Glücklicherweise noch nicht komplett. Hoffen wir mal, dass sich das weiter verbessert.