Lehrpläne werden oft heiß diskutiert, nur an einem Fach wird nicht gerüttelt: am Religionsunterricht. Dabei könnten die Kirchen ihn sogar selbst übernehmen.
Der Religionsunterricht in Deutschland ist, sofern er ordentlich durchgeführt wird, ein Unterricht über Religionen mit Kontextualisierung, Raum für Diskurs und kritischer Betrachtung der eigenen Religion. Wenn du das den Kirchen überlässt würde da wahrscheinlich viel davon schnell wegfallen. Es ist ja auch nicht so, dass dein Glaube benotet wird, sondern dein Wissen: Ich war in der Oberstufe als offene und streitbare Atheistin Klassenbeste, weil ich mich am Unterricht aktiv beteiligt habe (durchaus auch in der Form „[Antwort auf Frage der Lehrerin] und hier ist die atheistische Gegenposition: […]“.
Und ich habe da auch durchaus einiges mitgenommen: Der kontextualisierte Textvergleich zwischen den Evangelien hat zum Beispiel eindrucksvoll demonstriert, wie da Dinge geändert wurden um manchen Regionen leichter bekehren zu können (Vorher: Jesus ist Gottes Adoptivsohn, Nachher: Jesus ist Gottes „leiblicher“ Sohn). Oder auch viel zum Thema Sekten.
Und das ging auch nicht erst auf dem Gymnasium los. Wir hatten bereits in der Grundschule Unterricht zum Thema was der Islam ist und wie er sich vom Christentum unterscheidet. Natürlich nicht sehr tief, aber halt zumindest mal eingeführt.
Insofern, gerade auch als Atheistin: Lasst den schulischen Religionsunterricht in Ruhe, auch wenn wir in der Tat über Reformen reden können.
Nein, das war ganz explizit evangelischer Religionsunterricht in Baden-Württemberg. Ethik gab es als Alternative, aber ich hatte mich letztlich dazu entschlossen lieber Reli durchzuziehen.
Religionsunterricht in Deutschland ist in den meisten (allen?) Laendern zumindest im intendierten Ideal ein konfessioneller Unterricht zur Religion, nicht ueber Religionen. Letzteres waete ja eine komplett andere und anders zu bewertende Geschichte.
Es war auch explizit konfessionell. Aber konfessionell heißt halt nicht, dass es Indoktrination sein muss. Das ist auch warum ich das an den Schulen behalten will: Wenn man den den Kirchen überlassen würde, wäre er das nämlich!
Lasst den schulischen Religionsunterricht in Ruhe, auch wenn wir in der Tat über Reformen reden können.
Nein, das reicht nicht. Das Grundproblem ist Kirche in Schule. Du kannst diese Dinge auch in einem Philosophie-/Ethikunterricht vermitteln, ohne dass die Kirche Inhalte alleine bestimmen, Lehrkräfte als einzige externe Institution prüfen oder Lehrbefähigungen z.B. bei Scheidung und Wiederheirat entziehen kann. Insbesondere die katholische Kirche hat ihr Recht mehrfach verwirkt, eine moralische Institution zu sein, die nach Nazideutschland einen Fuß in der Bildung hat.
Ganz davon abgesehen, dass wir uns den Luxus bspw. in NRW nicht mehr leisten können, dass dieses Fach (und Philosophie) als einziges Fach der Fächergruppe 2 in jedem (!) Schuljahr der Sek I zweistündig unterrichtet wird (das sind 12 Std. insgesamf ggü. bspw. 7 Stunden Geographie).
Ganz davon abgesehen, dass wir uns den Luxus bspw. in NRW nicht mehr leisten können, dass dieses Fach (und Philosophie) als einziges Fach der Fächergruppe 2 in jedem (!) Schuljahr der Sek I zweistündig unterrichtet wird (das sind 12 Std. insgesamf ggü. bspw. 7 Stunden Geographie).
Hier stimme ich dir absolut zu. Ich denke da könnte man gut ansetzen und in der Mitte ein paar Jahre auslassen. In der Grundschule die Basics über alle Religionen, woher bestimmte Traditionen kommen usw. Und dann nochmal etwas später eine kritischere Außeinandersetzung mit den Inhalten.
Nein, das reicht nicht. Das Grundproblem ist Kirche in Schule. Du kannst diese Dinge auch in einem Philosophie-/Ethikunterricht vermitteln, ohne dass die Kirche Inhalte alleine bestimmen, Lehrkräfte als einzige externe Institution prüfen oder Lehrbefähigungen z.B. bei Scheidung und Wiederheirat entziehen kann. Insbesondere die katholische Kirche hat ihr Recht mehrfach verwirkt, eine moralische Institution zu sein, die nach Nazideutschland einen Fuß in der Bildung hat.
Hier würde ich dir insoweit zustimmen, dass ein guter Philosophie-/Ethikunterricht ähnliche Inhalte neutraler und oft besser vermitteln könnte. Mein einziger Vorbehalt ist, dass Religion nicht einfach verschwinden wird, wenn man sie aus der Schule drängt. Wenn der Religionsunterricht anschließend durch unkontrollierten Nachmittagsangebote hinter verschlossenen Türen stattfindet, dann ist das denke ich sehrviel problematischer.
Ich glaube z.B. wir ständen besser da, wenn es equivalent zum christlichen auch muslimischen Religionsunterricht in ähnlicher qualität gäbe. Also mit ordentlicher Ausbildung, kontrollierten Lehrplänen und so weiter. Wobei hierfür glaube ich alleine schon ein ordentlicher Institutioneller Partner (also nicht sowas wie Ditib) auf muslimischer Seite fehlt mit dem man soetwas aufziehen könnte.
Warum muss man Religion kritisch behandeln, warum muss man sie überhaupt behandeln? Eine Ansammlung von Hirngespinsten irgendwelcher alten Männer, die man dann am Ende auswändig lernen muss um gut zu sein?
Warum musstest du eine atheistische Gegenposition selber vortragen, anstatt dass es die Lehrer gemacht haben?
Man kann ja auch religiöse Philosophen einbeziehen, aber das sollte halt nur ein Teil sein.
“Warum muss man Religion kritisch behandeln, warum muss man sie überhaupt behandeln?”
Ist schon ganz nett ueber reale Phaenomene (Religiositaet und was damit einhergeht - “X glaubt Y und macht Z”, nicht “Y ist wahr”) die Teil unserer kulturellen Umwelt sind etwas bescheid zu wissen. Ignoranz gegenueber der Welt und ihren Menschen schlecht.
Tja, das mit dem “sofern er ordentlich durchgeführt wird” ist halt so’n Ding. In einigen Bundesländern sieht das Schulgesetz vor, einen starken Fokus auf christliche Kirche zu setzen. Sprich zum Großteil soll christliches Gedankengut vermittelt werden. Und dann hat man die Durchschnittsreligionstrulla, die auf alles andere kackt. Sorry, aber es gibt da besser geeignete Fächer, um die Unterschiede und Inhalte der Weltreligionen beizubringen.
In S-H sieht das Schulgesetz übrigens vor, dass Religion ein Opt-in Fach ist und jeder zur Einschulung gefragt werden soll, ob man daran teilnehmen möchte oder nicht. Das passiert NIE. Ganz im Gegenteil. Ich musste mit der Schulleitung sprechen und erklären, warum meine Tochter nicht am Reli Unterricht teilnehmen soll. Das gab ein riesen Theater, das war grauenhaft! Diese widerliche Dreckskirche kotzt mich einfach nur noch an.
Bin in Amsterdam aufgewachsen, ohne Reli, und ich weiß mehr über andere Religionen als die ganzen Schönwetterreligiösen hier.
Der Religionsunterricht in Deutschland ist, sofern er ordentlich durchgeführt wird, ein Unterricht über Religionen mit Kontextualisierung, Raum für Diskurs und kritischer Betrachtung der eigenen Religion.
Kein Religionsunterricht, den ich je hatte, war so.
Der Religionsunterricht in Deutschland ist, sofern er ordentlich durchgeführt wird, ein Unterricht über Religionen mit Kontextualisierung, Raum für Diskurs und kritischer Betrachtung der eigenen Religion. Wenn du das den Kirchen überlässt würde da wahrscheinlich viel davon schnell wegfallen. Es ist ja auch nicht so, dass dein Glaube benotet wird, sondern dein Wissen: Ich war in der Oberstufe als offene und streitbare Atheistin Klassenbeste, weil ich mich am Unterricht aktiv beteiligt habe (durchaus auch in der Form „[Antwort auf Frage der Lehrerin] und hier ist die atheistische Gegenposition: […]“.
Wenn er ordentlich durchgeführt wird. Die Regel ist aber, dass man das den Religionsgemeinschaften überlässt, die dann die Schüler indoktrinieren. Der vergleichende und von außen beobachtende Teil kommt meistens erst sehr spät in der Schule, also in der gymnasialen Oberstufe, die viele Schüler gar nicht mitmachen.
Meiner Erinnerung nach haben wir im katholischen Religionsunterricht schon in der Unterstufe die (abrahamitischen) Weltreligionen einander gegenübergestellt. In der Mittelstufe wurden dann auch Sekten thematisiert. Ab Klasse 9 hab ich dann stattdessen “Praktische Philosophie” gewählt.
Halt bis zur Religionsmündigkeit mit 14 Jahren oder so. Die Mitschüler, bei denen die Eltern schon vorher wollten, dass sie nicht an einem Religionsunterricht teilnehmen, wurden währenddessen in anderen Klassen untergebracht.
Als Indoktrination hab ich das damals nicht empfunden. Wir haben z.B. in der 5 auch behandelt, wie die Menschen damals, also zwischen Moses und Jesus, in Palästina gelebt haben, wie man in der Bibel navigiert, dass es nicht alles, was an Schriften und Versionen der Testamente existiert in die heutige Bibel “geschafft” hat und warum und, dass man die Texte sowieso nicht wörtlich verstehen soll.
Ob andere Religionslehrer auch für kritisches Denken auf diese Weise offen sind, kann ich allerdings nicht sagen.
Der Religionsunterricht in Deutschland ist, sofern er ordentlich durchgeführt wird, ein Unterricht über Religionen mit Kontextualisierung, Raum für Diskurs und kritischer Betrachtung der eigenen Religion. Wenn du das den Kirchen überlässt würde da wahrscheinlich viel davon schnell wegfallen. Es ist ja auch nicht so, dass dein Glaube benotet wird, sondern dein Wissen: Ich war in der Oberstufe als offene und streitbare Atheistin Klassenbeste, weil ich mich am Unterricht aktiv beteiligt habe (durchaus auch in der Form „[Antwort auf Frage der Lehrerin] und hier ist die atheistische Gegenposition: […]“.
Und ich habe da auch durchaus einiges mitgenommen: Der kontextualisierte Textvergleich zwischen den Evangelien hat zum Beispiel eindrucksvoll demonstriert, wie da Dinge geändert wurden um manchen Regionen leichter bekehren zu können (Vorher: Jesus ist Gottes Adoptivsohn, Nachher: Jesus ist Gottes „leiblicher“ Sohn). Oder auch viel zum Thema Sekten.
Und das ging auch nicht erst auf dem Gymnasium los. Wir hatten bereits in der Grundschule Unterricht zum Thema was der Islam ist und wie er sich vom Christentum unterscheidet. Natürlich nicht sehr tief, aber halt zumindest mal eingeführt.
Insofern, gerade auch als Atheistin: Lasst den schulischen Religionsunterricht in Ruhe, auch wenn wir in der Tat über Reformen reden können.
Nennt sich das nicht Ethik Unterricht? Wenn man in Bayern in Religion ist, lernt man hald echt nur den katholischen Teil.
Nein, das war ganz explizit evangelischer Religionsunterricht in Baden-Württemberg. Ethik gab es als Alternative, aber ich hatte mich letztlich dazu entschlossen lieber Reli durchzuziehen.
Klingt als waer das nicht ordentlich gemacht, zumindest fuer NRW-Standards: https://recht.nrw.de/lmi/owa/br_bes_detail?bes_id=7345&aufgehoben=N&det_id=633561&anw_nr=2&menu=&sg=0 Ehrfurcht vor Gott fehlt.
Religionsunterricht in Deutschland ist in den meisten (allen?) Laendern zumindest im intendierten Ideal ein konfessioneller Unterricht zur Religion, nicht ueber Religionen. Letzteres waete ja eine komplett andere und anders zu bewertende Geschichte.
Es war auch explizit konfessionell. Aber konfessionell heißt halt nicht, dass es Indoktrination sein muss. Das ist auch warum ich das an den Schulen behalten will: Wenn man den den Kirchen überlassen würde, wäre er das nämlich!
Nein, das reicht nicht. Das Grundproblem ist Kirche in Schule. Du kannst diese Dinge auch in einem Philosophie-/Ethikunterricht vermitteln, ohne dass die Kirche Inhalte alleine bestimmen, Lehrkräfte als einzige externe Institution prüfen oder Lehrbefähigungen z.B. bei Scheidung und Wiederheirat entziehen kann. Insbesondere die katholische Kirche hat ihr Recht mehrfach verwirkt, eine moralische Institution zu sein, die nach Nazideutschland einen Fuß in der Bildung hat.
Ganz davon abgesehen, dass wir uns den Luxus bspw. in NRW nicht mehr leisten können, dass dieses Fach (und Philosophie) als einziges Fach der Fächergruppe 2 in jedem (!) Schuljahr der Sek I zweistündig unterrichtet wird (das sind 12 Std. insgesamf ggü. bspw. 7 Stunden Geographie).
Hier stimme ich dir absolut zu. Ich denke da könnte man gut ansetzen und in der Mitte ein paar Jahre auslassen. In der Grundschule die Basics über alle Religionen, woher bestimmte Traditionen kommen usw. Und dann nochmal etwas später eine kritischere Außeinandersetzung mit den Inhalten.
Hier würde ich dir insoweit zustimmen, dass ein guter Philosophie-/Ethikunterricht ähnliche Inhalte neutraler und oft besser vermitteln könnte. Mein einziger Vorbehalt ist, dass Religion nicht einfach verschwinden wird, wenn man sie aus der Schule drängt. Wenn der Religionsunterricht anschließend durch unkontrollierten Nachmittagsangebote hinter verschlossenen Türen stattfindet, dann ist das denke ich sehrviel problematischer.
Ich glaube z.B. wir ständen besser da, wenn es equivalent zum christlichen auch muslimischen Religionsunterricht in ähnlicher qualität gäbe. Also mit ordentlicher Ausbildung, kontrollierten Lehrplänen und so weiter. Wobei hierfür glaube ich alleine schon ein ordentlicher Institutioneller Partner (also nicht sowas wie Ditib) auf muslimischer Seite fehlt mit dem man soetwas aufziehen könnte.
Genau.
Warum muss man Religion kritisch behandeln, warum muss man sie überhaupt behandeln? Eine Ansammlung von Hirngespinsten irgendwelcher alten Männer, die man dann am Ende auswändig lernen muss um gut zu sein?
Warum musstest du eine atheistische Gegenposition selber vortragen, anstatt dass es die Lehrer gemacht haben?
Man kann ja auch religiöse Philosophen einbeziehen, aber das sollte halt nur ein Teil sein.
“Warum muss man Religion kritisch behandeln, warum muss man sie überhaupt behandeln?”
Ist schon ganz nett ueber reale Phaenomene (Religiositaet und was damit einhergeht - “X glaubt Y und macht Z”, nicht “Y ist wahr”) die Teil unserer kulturellen Umwelt sind etwas bescheid zu wissen. Ignoranz gegenueber der Welt und ihren Menschen schlecht.
Ignoranz natürlich nicht. Aber sich in einem “Philosophie” Unterricht mit Religion zu beschäftigen klingt mir viel besser als andersrum.
Tja, das mit dem “sofern er ordentlich durchgeführt wird” ist halt so’n Ding. In einigen Bundesländern sieht das Schulgesetz vor, einen starken Fokus auf christliche Kirche zu setzen. Sprich zum Großteil soll christliches Gedankengut vermittelt werden. Und dann hat man die Durchschnittsreligionstrulla, die auf alles andere kackt. Sorry, aber es gibt da besser geeignete Fächer, um die Unterschiede und Inhalte der Weltreligionen beizubringen.
In S-H sieht das Schulgesetz übrigens vor, dass Religion ein Opt-in Fach ist und jeder zur Einschulung gefragt werden soll, ob man daran teilnehmen möchte oder nicht. Das passiert NIE. Ganz im Gegenteil. Ich musste mit der Schulleitung sprechen und erklären, warum meine Tochter nicht am Reli Unterricht teilnehmen soll. Das gab ein riesen Theater, das war grauenhaft! Diese widerliche Dreckskirche kotzt mich einfach nur noch an.
Bin in Amsterdam aufgewachsen, ohne Reli, und ich weiß mehr über andere Religionen als die ganzen Schönwetterreligiösen hier.
Kein Religionsunterricht, den ich je hatte, war so.
Wenn er ordentlich durchgeführt wird. Die Regel ist aber, dass man das den Religionsgemeinschaften überlässt, die dann die Schüler indoktrinieren. Der vergleichende und von außen beobachtende Teil kommt meistens erst sehr spät in der Schule, also in der gymnasialen Oberstufe, die viele Schüler gar nicht mitmachen.
Meiner Erinnerung nach haben wir im katholischen Religionsunterricht schon in der Unterstufe die (abrahamitischen) Weltreligionen einander gegenübergestellt. In der Mittelstufe wurden dann auch Sekten thematisiert. Ab Klasse 9 hab ich dann stattdessen “Praktische Philosophie” gewählt.
Also lauter Indoktrination ohne “neutrale” Philosophie, bis zur 9. Klasse? Das ist halt Hauptschule, manche gehen da schon ab.
Halt bis zur Religionsmündigkeit mit 14 Jahren oder so. Die Mitschüler, bei denen die Eltern schon vorher wollten, dass sie nicht an einem Religionsunterricht teilnehmen, wurden währenddessen in anderen Klassen untergebracht.
Als Indoktrination hab ich das damals nicht empfunden. Wir haben z.B. in der 5 auch behandelt, wie die Menschen damals, also zwischen Moses und Jesus, in Palästina gelebt haben, wie man in der Bibel navigiert, dass es nicht alles, was an Schriften und Versionen der Testamente existiert in die heutige Bibel “geschafft” hat und warum und, dass man die Texte sowieso nicht wörtlich verstehen soll.
Ob andere Religionslehrer auch für kritisches Denken auf diese Weise offen sind, kann ich allerdings nicht sagen.