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Ist ihre Partei, die CDU in Sachsen-Anhalt, in ernster Gefahr? Könnte die AfD, die hier als gesichert rechtsextrem gilt, schon im kommenden Jahr eine absolute Mehrheit erringen? Die Landesregierung stellen?
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Das malerische Reformationsstädtchen Wittenberg an der Elbe, offiziell Lutherstadt Wittenberg, gehört zum Wahlkreis 70, Anhalt – Dessau – Wittenberg. Hier zeigt sich das Drama der ostdeutschen Christdemokratie in seiner ganzen Vielfalt: Zwar holte die CDU hier ihr bestes Zweitstimmenergebnis in ganz Sachsen-Anhalt (21,5 Prozent), Direktkandidat Sepp Müller sogar das beste Erststimmenergebnis in ganz Ostdeutschland: 29,5 Prozent.
Und trotzdem sind die Konservativen der extremen Rechten heillos unterlegen. Der erfahrene Abgeordnete Müller unterlag dem AfD-Stadtrat Volker Scheurell, einem landes- und bundespolitisch völlig unbekannten Handwerker, der auf 38,6 Prozent der Erststimmen kam, deutlich.
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Besorgniserregend ist, dass ausgerechnet Müller das sagt. Seine Niederlage nämlich mag bitter sein, aber im Vergleich zum generellen Abschneiden der Christdemokratie zwischen Ostsee und Erzgebirge kam er noch äußerst glimpflich davon. In Sachsen-Anhalt verschlechterte sich die CDU auf mickrige 19,2 Prozent und verlor sämtliche Direktmandate an die Rechtsextremen. Es ist das einzige Bundesland, in dem alle AfD-Wahlkreissieger direkt in den Bundestag einziehen.
Die politische Landschaft verändert sich in dramatischem Tempo, das zeigt diese Wahl noch einmal überdeutlich: Die AfD erzielt fast im ganzen Land Ergebnisse wie eine Volkspartei und gewinnt inzwischen auch Großstadt-Wahlkreise in Leipzig, Magdeburg – oder Gelsenkirchen, tief im Westen der Republik.
Auch Wittenberg ist keines jener ostdeutschen Dörfer mit AfD-Rekordergebnissen, über die dieser Tage wieder viel zu lesen ist – sondern eine Kreis- und Universitätsstadt mit ICE-Halt und dem bundesweit einzigen Agrochemiepark, in der 45.000 Menschen leben.
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Dabei sind diese Fragen drängend, denn die nächsten ostdeutschen Landtagswahlen stehen im kommenden Jahr an, hier, in Sachsen-Anhalt.
Fiele das Ergebnis dann auch nur annähernd so aus wie jetzt, wäre das für Haseloffs CDU und die liberale Demokratie ein politisches Desaster: FDP und Grüne wären wohl nicht mehr im Landtag, die AfD käme einer absoluten Mehrheit gefährlich nahe – und die Christdemokraten hätten nur dann Aussicht auf eine Mehrheit mit der SPD, wenn sie auch mit der Linken oder dem BSW zusammenarbeiten würden. Falls diese Parteien, oder zumindest eine davon, es denn wirklich ins Parlament schaffen.
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da es hier um die vormaligen bürger_innen der DDR geht: für die war die übernahme dessen was als “soziale marktwirtschaft” verkauft wird, allzuoft eine erfahrung sozialen abstiegs und sozialer angst. da müsstest du begrifflich anders operieren. aber ich habe den eindruck, die Linke hat den dreh da jetzt raus.
Die soziale Marktwirtschaft war zur Zeit der Wiedervereinigung schon im Begriff, ein reines Lippenbekenntnis zu werden. Die Politik hat halt im Osten ihre neoliberalen Fieberträume schneller und einfacher durchsetzen können, als im Westen, wo sich die (echte) soziale Marktwirtschaft mit entsprechenden Strukturen über Jahrzehnte etabliert hatte. Im Osten wurde da gleich flächendeckend ein hemmungsloser neoliberaler Ausverkauf, gewürzt mit kräftig Korruption und Vetternwirtschaft, (z.B. Treuhand) praktiziert.
Die Kosten der Wiedervereinigung wurden im ganzen Land als Ausrede hergenommen, um Sozial- und Infrastrukturabbau zu rechtfertigen. Natürlich wurde auch etwas Infrastruktur (hauptsächlich Verkehrsinfrastruktur) im Osten neu aufgebaut, hauptsächlich, weil die bestehende Infrastruktur dort oft schon so zerfallen oder unzulänglich war, dass sie neu gebaut werden musste.
Die 80er waren ohnehin der Beginn des Zeitalters des Neoliberalismus, insofern war die Wiedervereinigung nicht nur ein die Ostdeutschen übervorteilender Goldrausch sondern auch in Westdeutschland hatte sich bereits etwas verändert. Auf die Zeit, als die “soziale Marktwirtschaft” zur Phrase verkam, beziehe ich mich also nicht.
richtig, aber in der BRD wird das ja anders geframed gewesen sein. und ich will hier auf ost-spezifischen fallstricke in der ansprache hinweisen. das machen die westeliten bzgl. den afd-wählenden idr in völlig kontraproduktiver weise.
und es kam in der 80er/90er-brd nicht so heftig in kürzester zeit zu den sozialen verheerungen. wenn ich das richtig einschätze, wurden da einfach die jüngeren vor den bus geworfen. für die älteren haben die gewerkschaften meist einen verhältnismäßig guten bestandsschutz rausgehandelt.
Ich mache hier aber keine Ansprache, auch keine ostspezifische. Es geht um die Idee einer Wirtschaft, wie sie die alte BRD mal angestrebt hatte: auskömmlich für alle und relativ gerecht für alle Teilnehmys. Meinetwegen kann das in der Ansprache aber gern als hugelbluber Kugelblumbf bezeichnet werden, wenn das dem Marketing zuträglich ist.