Autofahrer müssen in Hannover auf dem Altenbekener Damm in der Südstadt und auf der Walderseestraße in der List ab sofort langsamer fahren. In kurzen Abschnitten gab es auf den beiden Strecken bereits 30er-Zonen, etwa vor Schulen. Die Stadt nutzt nun eine Reform des Straßenverkehrsrechts im vergangenen Herbst. Dadurch ist es erlaubt, die kurzen 30er-Abschnitte unter gewissen Umständen miteinander zu verbinden.
Lets gooo, hoffentlich bleiben sie standhaft trotz wellen an heulenden auto süchtigen die sicherlich direkt meckern werden.
Das stimmt so nicht. Bonn, laut Definition eine Großstadt, hat das schon vor längerer Zeit eingeführt. Und leider auch nicht mit dem gewünschten Erfolg. Weil die geschwindigkeitsreduzierten Hauptstrassen weiterhin enorm viel Autoverkehr haben führt das dort zu Dauerstaus und mieser Lebensqualität vor allem von Anwohnern, Fußgängern und Radfahrern. Solange die Straßen nicht Fahrrad- und Fußgängerfreundlich umgestaltet werden bringt das zumindest in Bonn nur Frust, schlechte Luft und aggressives Verhalten. Kann natürlich sein dass es in Hannover anders läuft. Aber Tempo 30 allein ist leider echt zu kurz gedacht.
Verkehr sucht sich den einfachsten Weg. Sehe die Probleme aber möchte anmerken das Autoverkehr bei Tempo dreißig effizienter ist. (Mehr Kapazität pro fläche, pro Stunde).
Ich vermute da kommen noch andere Faktoren wie beispielsweise Ampeln dazu, wenn es um Effizienz geht. Bonn ist da (soweit ich das beurteilen kann) einen relativ naiven Weg gegangen. Die Ampelschaltungen wurden nicht an das Tempo angepasst, und an Stellen wo man eine Fahrbahn für Fahrräder reserviert hat, wurde die Fahrbahn einfach mit Baustellenbaken abgetrennt. Was dann zur Folge hatte, dass die Straße natürlich auch wie eine Baustelle aussah und funktionierte. Unübersichtliche Straßenführung, dadurch erschwertes Orientieren beim Abbiegen an Kreuzungen, usw.
Das sind beides zweispurige Straßen, welche eher aus Definition Hauptstraßen sind. Bei beiden ist Tempo 30 absolut in Ordnung und es gibt sinnvolle Radwege in der Nähe.
In Hannover ist leider die Rot-Grüne Mehrheit im Stadtrat an der autofreien Innenstadt zerbrochen. Die Grünen wollten alles innerhalb des Cityrings autofrei machen, aber die SPD war dagegen. Damit sind jetzt quasi alle wirklich radikalen Änderungen nicht mehr möglich und man beschränkt sich auf kleinere Sachen wie halt Tempo 30 auf eher Nebenstraßen, Parkplätze entfernen, Radwege verbessern und so weiter. Das passiert allerdings auch ziemlich häufig, sodass Hannover wirklich auf einem guten Weg ist die beste Fahrradstadt in Deutschland zu werden, wenn sie es nicht schon ist.
Bin kein Bonner, aber ich glaube die Straße die besonders betroffen ist heißt Reuterstrasse. Die ist zweispurig geblieben hat aber auch über mehrere Kilometer hinweg Tempo 30, und an dieser Straße kommt man kaum vorbei wenn man von außerhalb nach Bonn fährt. Das ist definitiv eine Hauptstraße.
Und was ich im übrigen besonders tragisch finde, die Grünen stellen in Bonn seit 2020 die Oberbürgermeisterin, und da wurde eine echte Chance vertan etwas positives zu erreichen.
Auf der Reuterstrasse drohte ein Diesel-Fahrverbot wegen Überschreitung der Stickstoffdioxid-Grenzwerte. Tempo 30 wurde eingerichtet um die Verbote zu vermeiden. Die Anwonerinen scheinen aber mit Tempo 30 zufrieden zu sein. Die Reuterstraße scheint also nicht ein Teil des (späteren) Verkehrskonzept zur Verkehrswende in Bonn zu sein.
Es ist aber auch allgemein so: Fahrradverkehr oder Fußverkehr profitieren nicht immer von Tempo 30. Oft ist die Bekämpfung der Luftverschmutzung oder der Lärmbelastung das Ziel. Leider benötigt Anordnung von Tempo 30 rechtlich immer einer Begründung. Dann wird auch von der Kommune ein und genau ein Ziel gewählt (z. Bsp. Luftgrenzwerte) und zwar eins das sich rechtssicher begründen lässt. Es ist damit nicht möglich die verkehrstechnisch optimale Maßnahme zu entwerfen. Frau Dörner aus Bonn hat damals auch im Verkehrsministerium beim Herrn Scheuer nach flächendeckendem Tempo 30 nachgefragt. Damit hätte man das Flickenteppich von Maßnahmen und Begründungen durch ein Gesamtkonzept für die ganze Stadt ersetzen können. Daraus ist nichts geworden und die StVG-Reform hat dieses Problem auch nicht behoben. Leider kassierte Bonn letztes Jahr bei einigen neuen Fahrradstraßen einige Schlappen vor Gericht und die CDU-geführte Bezirksregierung als Aufsichtsbehörde bietet auch keine Unterstützung. Ich glaube deswegen wird in Bonn derzeit gewartet wie die neue Freiheitsgrade der neuen StVG von anderen Kommunen ausgelotet und rechtlich umgesetzt werden.
In Hannover kommt die Rückdeckung von der Bezirksregierung und von dem Landesverkehrsministeriums (beides SPD) dazu. Ansonsten ist das aber auch ein Flickenteppich aus unterschiedlicher Begründungen und Zielsetzungen: Schulstraßen, Verkehrsversuche der Landes, Luftverschmutzung, Lärmschutz. Eine Hauptstraße wird sogar zurückgebaut. Es ist auch kein flächendeckendes Tempo 30 in Hannover: auf manchen Hauptstraßen betrifft es nur Teilabschitte, auf manchen Hauptstraßen gilt es nur tagsüber (Ziel Sicherheit des Schulverkehr), auf anderen Hauptstraßen nur über die Nacht (Ziel: Lärmschutz), oder es gilt nur für die nächsten 2 Jahre (Verkehrsversuch). Hannover versucht derzeit alle Möglichkeit der StVG auszuloten und andere Städte schauen sicher gespannt zu. Entscheinend wird sein ob gegen die Tempo-30 Zonen geklagt wird und wie diese Klagen ausgehen. Das zeigt auch das Beispiel von Bonn.
Danke dir für die interessanten Einblicke in die Materie!
oh I meant Hannover
Ach Mensch, so können wir uns ja hier gar nicht richtig streiten ;) aber gut dass dieses Missverständnis aufgeklärt ist.